Wie der Titel besagt, geht es um die Bewahrung des Wissens über die „volksdeutschen“ Flüchtlinge und die Suche nach Spuren, die sie in Salzburg hinterlassen haben. Bedingt durch die Kriegswirren 1944/45 und deren Folgen fanden sie bei ihrer Ankunft eine Zusammenbruchs - und Mangelgesellschaft vor.
Sie wurden daher in dieser Notgemeinschaft vornehmlich als ein zusätzlicher Belastungsfaktor wahrgenommen.
Mit den Jahren und Jahrzehnten haben sie sich aber so umfassend in die Gesellschaft integriert, dass sie im kollektiven Bewusstsein kaum noch präsent sind.
In den Medien wird allenfalls bei besonderen Gedenktagen oder Gedenkfeiern über sie berichtet. Bedingt durch seine geographische Lage erreichten vor allem Fluchtbewegungen aus dem Südosten Europas sowie aus der Tschechoslowakei Österreich.
Im Bundesland Salzburg dürften schätzungsweise 30.000 „volksdeutsche“ Flüchtlinge geblieben sein, rund 12.000 davon in der Stadt Salzburg.
Die überwiegende Mehrheit der damals als staatenlos geltenden Menschen kam, der zahlenmäßigen Rangordnung nach, aus vier Ländern: Jugoslawien, CSSR, Rumänien und Ungarn.
Neben dieser Zuordnung in der amtlichen Statistik entwickelte sich sehr bald ein gruppenspezifisches Zugehörigkeitsgefühl bzw. auch eine gruppenspezifische Zuschreibung, die sich am mitgebrachten siedlungsgeschichtlichen, sozioökonomischen und kulturellen Erbe orientierte.

Für Salzburg kristallisieren sich deutlich drei Gruppen heraus, die Donauschwaben, die Sudetendeutschen und die Siebenbürger Sachsen. Deren mitgebrachtes Erbe hatte einen deutlichen Einfluss auf die Art und Weise ihrer gesellschaftlichen Integration. Die „volksdeutschen“ Flüchtlinge mussten in den Anfangsjahren rechtliche, ökonomische und soziale Benachteiligungen hinnehmen. Doch sie nahmen ihre Integration selbst in die Hand, indem sie eigene institutionelle Strukturen aufbauten, dadurch Hilfs- und Wohnbauprogramme initiierten und eine Entwicklung vom „Rechtlosen zum Gleichberechtigten“ (Machunze) einleiteten. Es kam zu einer guten Zusammenarbeit mit politischen und kirchlichen Vertretern, mit Dienststellen in Stadt und Land - aber auch Hilfsorganisationenonen im In-
und Ausland.
Nachdem durch die Fluchtgeneration die Basis geschaffen war, ist für die nachkommende Generation durch Schulbesuch, Freundeskreis, Freizeit, Beruf und Heirat Salzburg bzw. Österreich Bezugsrahmen ihrer Lebensplanung geworden.
Dies erklärt auch das Desinteresse der nachkommenden Generation an den Landsmannschaften der „Volksdeutschen“. Die Zusammenschlüsse hatten zum Ziel, einen gemeinsamen Erinnerungsraum von früherer Heimat, kulturellem Erbe und Flucht sowie Aufbauleistung im Aufnahmeland zu schaffen.
Dieses Wissen sollte im kollektiven Gedächtnis der Gruppe verankert werden, was im Wesentlichen nur bei der Fluchtgeneration gelang. Beispielhaft einige Spuren im öffentlichen Raum:
Siebenbürger Sachsen: Siedlung Sachsenheim bei Elixhausen mit neu gestaltetem Wappen im Ortszentrum;
Donauschwaben: „Haus der Donauschwaben“ in der Herrnau, Friedensstraße 14 und Gedenkstätte auf dem Salzburger Kommunalfriedhof (2016);
Sudetendeutsche: Ehrenmal auf dem Salzburger Kommunalfriedhof, Kloster und Kapelle der Eucharistieschwestern in der Herrnau, Friedensstraße.

Die Vortragende :
Dr. Brunhilde Scheuringer, Ao. Professorin für Soziologie i. R. an der Universität Salzburg. Diplomstudium Sozialwirtschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg, Diplomsozialwirt 1968, .Assistentin an der Universität Linz, Promotion zum Dr. rer. pol. 1972, Referatsleiterin für Arbeitsmarktpolitik und Statistik beim Landesarbeitsamt Salzburg 1973 – 1976. Assistentin am Institut für Soziologie und Kulturwissenschaften 1977 – 1982, Habilitation 1983 und Verleihung der Venia Docendi für Soziologie 1983, 2008  Ao. Universitätsprofessorin für Soziologie an der Universität Salzburg.
Forschungsschwerpunkte:
Sozialstrukturanalyse im europäischen Vergleich, Arbeits- und Berufssoziologie, Migrationssoziologie.
Publikationen zum Thema „volksdeutsche“ Flüchtlinge: Habilitationsschrift: 30 Jahre danach. Die Eingliederung der volksdeutschen Flüchtlinge und Vertriebenen in Österreich.
Abhandlungen zu Flüchtlingsfragen, Bd. XIII, Wien 1983.
u.a.